Kaltfließpressen: Der Prozess im Detail
Der Prozess des Kaltfließpressens bringt Metallbauteile wirtschaftlich in Form. Statt Material abzutragen, wird es bei Raumtemperatur unter hohem Druck in seine Endgeometrie gepresst – potentiell auch ohne Zerspanung. Walter Schneider entwickelt, konstruiert und fertigt die Werkzeuge – und realisiert hochpräzise Serienbauteile aus Edelstahl, Nickel, Kupfer oder Aluminium.
Was genau passiert beim Kaltfließpressen – und wann lohnt es sich?
Beim Kaltfließpressen wird ein metallischer Rohling bei Umgebungstemperatur unter hohem Druck in ein geschlossenes Werkzeug gepresst – ohne zusätzliche Erwärmung. Das Material fließt kontrolliert in die gewünschte Geometrie. Der Faserverlauf bleibt erhalten, was die Festigkeit des Bauteils deutlich erhöht.
Das Verfahren ist besonders geeignet für mittelgroße bis große Serien mit hohen Anforderungen an Maßhaltigkeit und Wiederholgenauigkeit – etwa im Automobilbereich, in der Elektrotechnik oder im Maschinen & Anlagenbau. Bereits ab Stückzahlen von 50.000 pro Jahr kann sich sich der Kaltfließpressen Prozess wirtschaftlich und technologisch rechnen.

Ablauf des Kaltfließpressen Prozesses – Schritt für Schritt
Beim Kaltfließpressen handelt es sich um ein spanloses Massivumformverfahren, bei dem metallische Werkstoffe bei Raumtemperatur unter sehr hohem Druck plastisch verformt werden. Ziel ist es, komplexe Bauteilgeometrien mit hoher Maßhaltigkeit, Festigkeit und Wiederholgenauigkeit wirtschaftlich herzustellen. Der Prozess läuft in mehreren definierten Schritten ab, wobei Materialfluss und Werkzeugauslegung eine zentrale Rolle spielen.
- Vorbereitung des Rohlings: Zu Beginn wird ein geeigneter Rohling vorbereitet – meist ein zylinderförmiger Abschnitt aus Draht, Stangenmaterial oder einem vorbearbeiteten Metallteil. Entscheidend ist, dass der Werkstoff über gute Umformeigenschaften verfügt, also duktil genug ist, um ohne zu reißen unter hohem Druck verformt zu werden. Je nach Material wird der Rohling vor dem Umformen gereinigt, leicht geölt oder bei Bedarf minimal vorgewärmt – allerdings bleibt die Temperatur stets unterhalb der Rekristallisation, um gezielt die Kaltverfestigung zu nutzen.
- Einlegen in das Werkzeug: Anschließend wird der Rohling präzise in das Werkzeugsystem eingelegt, das in einer mechanischen oder hydraulischen Presse sitzt. Dieses besteht im Wesentlichen aus einer Matrize (Außenform), einem Stempel (Kraftübertragung) und gegebenenfalls einem Dorn (bei Hohlformen). Die exakte Werkzeugauslegung entscheidet darüber, in welche Richtung der Werkstoff später fließt und welche Geometrie dabei entsteht. Die Anlage muss mit hoher Genauigkeit arbeiten, um die späteren Toleranzen im Sub-Zehntel-Millimeterbereich einzuhalten.
- Umformung unter hohem Druck: In der eigentlichen Umformphase wird der Rohling durch den Stempel mit hoher Kraft – typischerweise zwischen 250 und 2.000 kN – in das Werkzeug gedrückt. Dabei fließt das Material in die freien Räume der Matrize und nimmt die gewünschte Form an. Abhängig von Werkzeugausführung und Prozessstrategie kann das Material dabei entweder in Stempelrichtung (Vorwärtsfließpressen), entgegen der Stempelrichtung (Rückwärtsfließpressen) oder quer zur Stempelbewegung (Querfließpressen) verformt werden. Durch die Kaltumformung entsteht eine starke Kaltverfestigung im Werkstoff – das Gefüge wird verdichtet, der Faserverlauf bleibt erhalten und die Festigkeit steigt deutlich an.
- Entnahme und Nachbearbeitung: Nach dem Pressvorgang wird das Bauteil entweder automatisch oder manuell aus dem Werkzeug entnommen. Anschließend folgen – je nach Geometrie und Anforderung – optionale Schritte wie das Beschneiden von Graten, das Lochen oder Ausstanzen von Innenbereichen, das Kalibrieren zur Feinjustierung von Maßen und Rundheit oder auch Wärmebehandlungen zur Festigkeitssteigerung. Durch eine saubere Prozessführung können in vielen Fällen zusätzliche Zerspanungsschritte entfallen oder stark reduziert werden.
- Qualitätssicherung: Zum Abschluss erfolgt eine Qualitätskontrolle, bei der je nach Anwendung und Branche verschiedene Prüfmethoden zum Einsatz kommen. Dazu zählen Maßkontrollen mittels Messmaschine oder optischem Scanner, Festigkeitsprüfungen, Oberflächenanalysen und – bei sicherheitskritischen Teilen – auch metallografische Untersuchungen zur Kontrolle des Faserverlaufs und der Gefügestruktur.

Wann Kaltfließpressen die bessere Wahl ist
Das Kaltfließpressen ist nicht zwingend ein Ersatz für andere Verfahren, sondern eine gezielte Alternative, wenn bestimmte Anforderungen erfüllt sind. Besonders vorteilhaft ist der Prozess in folgenden Anwendungsfällen:
- Wenn hohe Maßhaltigkeit und Wiederholgenauigkeit gefordert sind – etwa bei Einpress-, Steck- oder Führungsteilen.
- Wenn Materialeinsparung entscheidend ist – z. B. bei teuren Werkstoffen wie Edelstahl oder bleifreiem Kupfer.
- Wenn ein hoher Automatisierungsgrad der Produktion erforderlich ist – z. B. bei Serien in der Medizintechnik oder Automatisierungstechnik.
- Wenn eine hohe Bauteilfestigkeit benötigt wird – z. B. für sicherheitsrelevante Komponenten oder mechanisch beanspruchte Teile.
Der Kaltfließpressen Prozess ist also immer dann sinnvoll, wenn Funktion, Maß und Stückzahl höchste Anforderungen stellen – und wirtschaftliche Fertigung gefragt ist.
Welche Verfahren kommen beim Kaltfließpressen im Prozess zum Einsatz?
Der Kaltfließpressen Prozess besteht aus verschiedenen Umformprinzipien, die je nach Bauteilgeometrie, Funktion und Umformrichtung kombiniert werden. Die drei zentralen Verfahren sind das Vorwärts-, Rückwärts- und Querfließpressen.
Vorwärtsfließpressen
Beim Vorwärtsfließpressen wird das Material in Richtung der Stempelbewegung verformt. Das Metall fließt durch das Werkzeug und verlängert sich dabei axial. Dieses Verfahren eignet sich besonders für langgestreckte, rotationssymmetrische Bauteile wie Bolzen, Hülsen oder Achsen, bei denen die Außenkontur im Vordergrund steht.
Rückwärtsfließpressen
Das Rückwärtsfließpressen nutzt eine entgegengesetzte Materialflussrichtung: Der Rohling wird gegen die Stempelbewegung verformt, wodurch das Material an der Stempelfläche vorbei zurückfließt. Diese Technik ist ideal für die Herstellung von Hohlkörpern mit geschlossenem Boden – beispielsweise für Becherformen oder geschlossene Gehäuse.
Querfließpressen
Beim Querfließpressen erfolgt die Umformung quer zur Hauptpressrichtung. Hier wird das Material gezielt seitlich verdrängt, um Querrippen, Bundbereiche oder komplexe Querschnittsverläufe zu erzeugen. Das Verfahren eignet sich besonders, wenn die Endgeometrie seitliche Erweiterungen oder unregelmäßige Formen aufweist.
Durch die Kombination dieser Verfahren lassen sich auch anspruchsvolle Bauteilgeometrien realisieren – präzise, formstabil und prozesssicher.



Für welche Bauteile eignet sich der Kaltfließpressen Prozess?
Der Prozess eignet sich insbesondere für Bauteile, die diese Anforderungen erfüllen:
- Serienanforderung: Jahresstückzahlen ab ca. 50.000 Bauteilen aufwärts
- Funktionale Präzision: Maßhaltigkeit, Reproduzierbarkeit und Festigkeit sind entscheidend
- Geometrie: Rotationssymmetrisch oder hohl, ggf. mit Querformen oder Bundbereichen
- Werkstoffe: Edelstähle, Kupfer (auch bleifrei), Aluminium oder Sonderlegierungen
Typische Beispiele:
- Maschinenbau: Gehäuse, Hohlkörper, Führungsbuchsen mit definierten Passmaßen
- Elektrotechnik: Präzisionshülsen, leitfähige Kontakte, Abschirmgehäuse
- Medizintechnik: Robuste Miniaturbauteile mit definierter Innen- und Außengeometrie
- Fahrrad- und Sportgerätebau: Leichte, belastbare Verbindungselemente mit hohem Formanspruch
Durch die Möglichkeit, mehrere Umformrichtungen (Vorwärts, Rückwärts, Quer) zu kombinieren, lassen sich auch komplexe Bauteile wirtschaftlich und präzise realisieren.
Kontakt
Sie möchten wissen, ob sich Ihr Bauteil für den Kaltfließpressen Prozess eignet?
Dann lassen Sie uns gemeinsam prüfen, wie wir Ihr Bauteil prozesssicher, wirtschaftlich und präzise umsetzen können – mit dem Kaltfließpressen Prozess.